Alexander Hirschenhauser: Klubvorsitzender
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Die kleine Innenhofidylle zwischen Grünangergasse und Blutgasse faszinierte mich bereits als Schüler. Damals wohnte ich bei meinen Eltern in der Wollzeile und oft packte ich meine Bücher, um mich dorthin zurückzuziehen und für die Matura zu lernen. Ein Jausentisch und zwei Parkbänke unter Bäumen inmitten von blühenden Sträuchern boten jenes Ambiente, in dem das Pauken am erträglichsten erschien.
In diesem Grätzel der Altstadt liegt ein sehr charmantes Labyrinth von miteinander verbundenen Innenhöfen, das auch gerne von FemdenführerInnen auf ihren Altstadtspaziergängen besucht wird. Die kleine öffentliche Grünfläche auf Grund der Gemeinde Wien wurde jahrzehntelang liebevoll von Anwohnenden gepflegt und gehegt. Das Stadtgartenamt hatte wenig zu tun.
Bedrohliche Wolken zogen im Jahr 2010 auf: Ein Immobilienprojekt wurde eingereicht. Ein 4 mal 4 Meter großer Zubau in die kleine Grünfläche hinein und 10 massive Balkone zusätzlich oben drüber wurden beantragt – und so wie fast immer auch genehmigt. Da nützten auch Unterschriftenlisten der AnrainerInnen und Einsprüche gegen den Baubescheid durch einen Grundstücksnachbarn nichts. Selbstverständlich stimmten wir Grüne in der Inneren Stadt im Bauausschuss gegen dieses Projekt.
Schon damals warnte ich: „Die Grünoase ist in Gefahr, die Bäume werden diese Baustelle nicht überleben.“ Ich selbst war Zeuge, als sich BV Stenzel im September 2010 (zur Erinnerung: das war kurz vor den letzten Bezirkswahlen) vor versammelter Anrainerschaft im Schatten der Bäume einfand und verkündete: „Diese Grünoase darf keinen Schaden nehmen, darauf werde ich achten.“ Vor kurzem, mitten während der Urlaubszeit im August 2015, war es dann soweit: Zwei kerngesunde Bäume standen den Balkonzubauten im Weg und wurden gerodet.
Der Abstand von Hausmauer zu Hausmauer beträgt dort bisher bloß 13 Meter. Davon gehen nun 4 Meter durch den Zubau verloren und weitere 2,5 Meter werden durch die Balkone quasi „überdacht“. Somit bleiben 6,5 Meter freier Blick zum Himmel. Was soll da schon nachwachsen? Bei schlechterer Belichtung und marginalisierter Fläche ist die hohe Lebensqualität in diesem charmanten Grätzel wohl für immer beschädigt.
Wir Grüne wollen erreichen, dass Immobilien sanft und mit Sensibilität für die durch Jahrhunderte gewachsenen Grätzel in der Altstadt entwickelt werden. Dazu ist sicherlich Mut erforderlich – Mut, gegenüber den Begehrlichkeiten der mächtigen Immobilientycoons nicht einzuknicken und Standhaftigkeit, wenn der Geruch des Geldes in der Luft liegt.